Wir bekommen viele Reaktionen auf unseren Versuch, die Nerdgemeinde abseits des Mainstreams anzusprechen. Eine der häufigsten Fragen ist: Welche Comics könnt ihr neben HYDRA COMICS und Co. empfehlen? Dabei gibt es zwei Arten von Fragesteller: Die Comic-Neulinge, denen man bedenkenlos die Klassiker empfehlen kann (Anregungen gibt es in diesem Podcast) und die Nerds, die sich über Gleichgesinnte freuen und auf der Suche nach neuen Geschichten sind. Vielleicht ist hier für beide Gruppen etwas dabei.

Platz 3: Der Verbannte

Es ist unglaublich, aber wahr: Wir empfehlen ein Comic des Avant-Verlags. Der Verlag ist sonst nur für obskure Klischee-Comics bekannt, aber mit dem Niederländer Erik Kriek ist ihnen ein absoluter Glücksgriff gelungen.

Der Hardcover-Comic spielt im 10. Jahrhundert auf Island und erzählt die Geschichte eines Wikingers, der nach Hause zurückkehrt. Der dreifarbige Stil von Kriek ist sofort fesselnd und passt zur einzigartigen isländischen Landschaft und zu ihren Bewohnern. Wer Interesse am Leben der Wikinger hat und es erträgt, dass die Nordischen Götter mal außen vor bleiben, der bekommt eine Geschichte über die Sehnsucht nach Heimat, Familienbande und Intrigen. Was will man mehr? Abgerundet wird der Band durch ein erklärendes Glossar zur damaligen Zeit.

Hier geht es zur Verlagsseite, die auch eine zwanzigseitige Leseprobe bietet. Hier kann man auch lesen, dass der Comic bereits im November 2019 erschien, aber irgendwie erst in diesem Jahr auf unserem Radar auftauchte.

Verbraucherwarnung: Nach diesem Comic muss man sich zwangsläufig mehr von Erik Kriek besorgen. Neben einer unglaublich guten Umsetzung von einigen Lovecraft-Geschichten gibt es von ihm die Comic-Umsetzung von fünf „Murder Ballads“ – schaurige alte Folksongs in Comicform. Klingt komisch, ist aber wunderbar gelungen – u.a. weil eine CD mit den Songs zu den Geschichten beiliegt.

Platz 2: Narben

Bereits auf den Redaktionsseiten von HYDRA COMICS #1 haben wir den noch Unwissenden ausführlich das Werk des Briten Warren Ellis empfohlen, also können wir uns hier weiteren Lobgesang sparen. Narben sticht aus seinem Gesamtwerk noch einmal heraus – deswegen darf es auch als Veröffentlichung aus dem Juni 2019 in diese ruhmreiche Auflistung.

Am Ende dieses Comics fühlt man sich nicht gut unterhalten oder nachdenklich – man fühlt sich einfach nur von der eigenen Realität erdrückt.

Ellis präsentiert die Geschichte eines gebrochenen Cops, der auf einen Kindermörder angesetzt wird. Dabei lässt er alle Klischees aus und präsentiert in drastischen Bildern eine Realität, die einen verzweifeln lässt. Wir erleben einen Ermittler, der nicht nur seinen Job erledigen will und einfach einen weiteren Verbrecher fangen möchte. Wir sind dabei, wie ein Mann darüber entscheidet, ob ein Monster weiterleben darf.

Ergänzt wird die Geschichte von Ellis‘ Texten, die den Bezug zu unserer kaputten Realität herstellen und einen noch tiefer in die Geschichte ziehen. Am Ende hat man das Gefühl, dass all das jeden Tag vor unserer Haustür passiert und es keinen mehr interessiert. Warren Ellis in Bestform.

Hier geht es zum Dantes Verlag (mit Leseprobe), dem derzeit – das muss man einfach neidlos eingestehen – besten deutschsprachigen Comic-Verlag. Die Comics sind hochwertig und mit einer Detailverliebtheit produziert, wie keine anderen auf dem Markt. Verleger und vor allem der Übersetzer leisten grandiose Arbeit.

Wegen des Themas und der Bilder, die es für die Geschichte bedarf, wird der Band ab 18 Jahren empfohlen.

Platz 1: Eine Studie in Smaragdgrün

Sherlock Holmes trifft auf Lovecrafts Cthulhu-Mythos. Der Engländer Neil Gaiman ist in vielen Medien zuhause. Wir Comicfans verehren ihn vor allem dafür, dass er uns den Gott der Träume geschenkt und bewiesen hat, wozu Comics in der Lage sein können.

In seiner Studie in Smaragdgrün haben Lovecrafts Figuren die Macht übernommen. Dennoch sieht das viktorianische England des Detektivs aus der Baker Street fast genau so aus, wie bisher. Nun wurde einer der mythischen Machthaber ermordet und der beste Detektiv des Landes muss ermitteln.

Das Talent von Gaiman zeigt sich in jedem Detail und jeder fiktiven Werbeanzeige, die die Kapitel unterbrechen. Jedes weitere Wort, würde euch die Freude an dem verderben, was euch erwartet. Also lest diesen Band, der – wie beim Dantes Verlag üblich – von einem hervorragenden Glossar des Übersetzers ergänzt wird.

Infos zum Band samt Leseprobe gibt es hier.

 

Empfehlung: Zwei Jungs wie wir

Wir hoffen, dass wir einigen alten und neuen Comicfans weiterhelfen konnten. Abschließend noch eine echt zeitlose Empfehlung:

Kaum ein Band konnte in den letzten Jahren mehr so berühren wie Joe Shuster – Der Vater der Superhelden. Die reale Geschichte des Zeichners und Miterfinders des ersten Superhelden der Welt: Superman. Die Geschichte beginnt damit, dass ein Polizist den verarmten und fast blinden Shuster auf einer Parkbank findet und nicht begreifen kann, wie der Schöpfer einer weltweiten Ikone so enden konnte. Der Comic verrät viele Details zu den Jungs, die den Mann aus Stahl erschufen und zur Figur selbst. Jeder Comic-Fan und Sci-Fi-Nerd wird sich in diesen zwei Kerlen wiederfinden. Er erzählt aber auch die Geschichte von Betrug, Resignation, Leid und einer Branche, die ihre Künstler erst lieben lernen musste. Absolut lesenswert!

Hier geht’s zum Band mit Leseprobe.

 

 

Bildquellen:
Cover Narben und Eine Studie in Smaragdgrün – Quelle
Cover Joe Shuster – Quelle