Von Franz Rheinberger

DC Comics will eine neue Comicserie herausgeben und lässt dazu auf Twitter Abstimmungen stattfinden, wo die Nutzer in Kampfabstimmungen stets zwischen zwei Kontrahenten wählen können, welche Serie sie lieber veröffentlicht sehen würden, bis am Ende eine einzige Serie übrigbleibt. Diese Aktion ist vom Gedanken durchaus zu begrüßen, weil damit Comicfans, natürlich nicht nur diese, einbezogen werden. Innerhalb dieser Abstimmungen zeigt sich jedoch schnell wieder, dass es um mehr als den Comic an sich geht, sondern selbstredend immer um die Reproduktion des herrschenden linksliberalen Zeitgeists durch einen riesigen US-Konzern und seiner austauschbaren Konsumenten, was keinesfalls für Verwunderung sorgen sollte.

Zur Abstimmung standen in den ersten acht Runden neben bekannten Charakteren wie Swamp Thing, auch neue Kombinationen wie Lobo/Animal Man, aber eben auch jener Ausdruck des erwähnten Zeitgeists in Form der JLQ. Das »Q« in JLQ stand dabei für »queer« und jene Justice League sollte acht junge Helden versammeln, wie es DC Comics schrieb. Diese standen den Robins, also die unterschiedlichen Sidekicks die Batman über die Jahre hatte, gegenüber.

Diese Abstimmung sorgte für die nötige Polarisierung, einige erkannten sofort den üblichen Müll hinter dem »Q«, während der »letzte Mensch« (Friedrich Nietzsche) blinzelnd für das »Q« votierte. Rasch fingen beide Seiten an ihre jeweilige Anhängerschaft darauf aufmerksam zu machen und somit zu mobilisieren. Dies drückt sich in der Anzahl der Stimmen aus, während es hier über 41.000 waren, nahmen an den anderen nur über 21.000 jedoch nicht mehr als 24.000 Nutzer teil, aber es zeigt sich auch unweigerlich in den Retweets (oft mit Kommentar), über Tausend schaffte keiner der anderen Beiträge, die alle eher um die Hundert auf sich kumulieren konnten.

Zwar fiel die Abstimmung zu Gunsten der Robins aus, aber dies kann eher als eine Art Pyrrhussieg verstanden werden, weil neben der innewohnenden Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft, welche durch die Aggressivität des »Transgenderismus« als »der derzeit vorherrschenden linksliberalen Ideologie« vorangetrieben wird, [1] »zeigt sich das Großkapital stolz Seit’ an Seit’ mit der Theorie der politischen Korrektheit.«[2] Dies heißt, jene Gruppe ist durch ihr Geplärre relevant für den US-Markt, ob jene Teilnehmer der Abstimmung dann auch alle tatsächlich den Comic gekauft hätten, gilt auch für die Gegenseite, ist vorerst irrelevant, weil das Potenzial für DC Comics vorhanden ist. Dieses Potenzial zeigt sich im Besonderen auch in solchen Auseinandersetzungen wie im US-Bundesstaat Arkansas zum »Anti-Transgender-Gesetz«, welches nicht nur von linksliberalen Kräften kritisiert wird, sondern auch vom republikanischen Gouverneur mit einem Veto verhindert werden sollte.[3] Natürlich wird DC Comics die andere Hälfte nicht ignorieren können und versuchen auch diese zu bedienen, um aus beiden Lagern Profit abschöpfen zu können, damit sich der Markt weiterhin in beide Richtungen erstreckt, wobei aktuell die eine Richtung mehr Schlagseite erhält. Schließlich lotet DC Comics in solchen Abstimmungen gewissermaßen aus, was machbar wäre. Denn bereits im Rahmen von Future State, welches DC Comics erst kürzlich gestartet hatte, wurde ein »genderfluid (non-binary)« Flash mit dunkler Haut eingeführt, noch dazu als Teil der Justice League,[4] der aber bereits für Lob sorgte [5] – der passende Verweis auf Nietzsche fiel bereits.

Wir werden abwarten müssen wie sich hierzulande eine Spaltung ausdrückt, auch wenn einige Podcaster noch über die Homogenität der Comicszene phantasieren, schaut dazu auf unserem Telegramkanal vorbei. Es ist nur eine Frage der Zeit bis solche Umtriebe wie in Übersee verstärkt in Europa auftauchen, allein schon durch die kommenden Übersetzungen. Schließlich wird »Transgenderismus« jetzt schon ausführlich in den deutschsprachigen »Comic-Feuilletons« und in der selbsternannten »Comicforschung« behandelt, durch ähnliche Akteure wie in Amerika die hierzulande stetig dabei Helfen mit ihrer linksliberale Ideologie den globalen (und deutschen) Kapitalismus auszudehnen und zu verfestigen. Wobei jene Ausdehnung vor allem eben jene Form eines »woke capital« verkörpert, also dem »Kuschelkapitalismus« wie es ZEIT Online betitelte und den man dort selbst vertritt.[6] Übrigens ist der unkritische Umgang mit dem »Transgenderismus« auch ein häufig wiederkehrendes Thema in der Comixene gewesen, geholfen hat es bekanntlich wenig.

Es wird sich zeigen, wer in diesem Land anfängt zaghaft auszuscheren und jene Umtreibe kritisch beleuchtet. Schließlich schrieb selbst Thorsten Hanisch, welcher in der Alfonz beim Artikel zu »Der Vigilant« mitwirkte, in einer Rezension wiederum für die Comixene: Der Comic »reißt an ein paar Stellen mit einer extrem aufdringlich reingeschusterten ›Diversity‹-Botschaft auch komplett aus der Handlung. Natürlich, im Kern gut gemeint und richtig, aber bei Textzeilen wie ›In einer gesunden Welt ist Geschlecht ein Kontinuum. Es ist veränderlich. Unsere angeborenen Bedürfnisse müssen nicht dem heteronormativen Konstrukt unterworfen sein.‹ hört man halt schon gewaltig das Papier rascheln.«[7] Man versteht schon, warum »Vielfalt« als richtig eingeschätzt wird und tatsächlich belegt die zitierte Textzeile das dort nichts »richtiges« zu erkennen ist. Ob es Hanisch schafft noch ein paar Schritte weiterzugehen?

Schließen wir vorerst das Thema mit einer passenden Karikatur von Stonetoss und warten auf den neuen Wahnsinn der einem als nächstes verkauft werden soll.[8]

 

[1]    Žižek, Slavoj: Der Mut der Hoffnungslosigkeit, aus dem Englischen von Frank Born, Frankfurt/Main 2018, S. 298.

[2]    Ebd., S. 296.

[3]    Vgl. mjm/AP/dpa: Arkansas führt Anti-Transgender-Gesetz ein. In: spiegel.de vom 7. April 2021,   https://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-behandlungsverbot-von-transjugendlichen-in-arkansas-beschlossen-a-de5c4a4f-9e0b-4e28-be3e-f9f45b012f98

[4]    Vgl. Ashley, Jamison: Stunning & Brave: DC’s Newest Flash is a Non-Binary Gendered Hero. In: Bleeding Fool vom 4. November 2020, https://bleedingfool.com/comics/stunning-brave-dcs-newest-flash-is-a-non-binary-gendered-hero/

[5]    Vgl. Green, Avi: NBC Fawning Over Non-Binary Version of DC’s The Flash. In: Bleeding Fool vom 25.  November 2020, https://bleedingfool.com/blogs/nbc-fawning-over-non-binary-version-of-dcs-the-flash/

[6]    Vgl. Buchter, Heike: Vorsicht vor dem Kuschelkapitalismus. In: ZEIT Online vom 27. August 2019, https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-08/unternehmen-kapitalismus-manifest-soziale-gerechtigkeit-umweltschutz

[7]    Hanisch, Thorsten: Zerfahrene Dystopie in prachtvollen Bildern. In: Comixene, 48. Jg. 2020, Heft 137, S. 69.

[8]    Wie z. B.: Der Autor Ta-Nehisi Coates, dessen »Vorstellungen von Freiheit neoliberal sind« (Cornel West), der die Theorien vom Psychologen Jordan Peterson mit Captain Americas Gegenspieler Red Skull vebindet. Vgl. Huston, Warner Todd: Ta-Nehisi Coates’ ‘Captain America’ Comic Parodies Jordan Peterson with Nazi Villain. In: Breitbart vom 6. April 2021, https://www.breitbart.com/entertainment/2021/04/06/ta-nehisi-coates-captain-america-comic-parodies-jordan-peterson-with-nazi-villain/; Jordan Peterson nutzt die Gelegenheit zur Kommerzialisierung seines Lieblingstiers, dem Hummer, mit dem Slogan: »Hail Lobster«, als Anspielung (in Form und Farbe) auf »Hail Hydra«. Vgl. https://shop.jordanbpeterson.com/listing/hail-lobster-poster?product=653. Das Kapital findet immer seine Möglichkeiten.