Yukio Mishima ist trotz oder gerade wegen seines enormen Erfolgs als Autor und Regisseur, fester Bestandteil der nonkonformen Pop- und Gegenkultur weltweit. Der Japaner, der viermal für den Literaturnobelpreis nominiert war, in UNESCO-Sammlungen geführt wird und zum Aktivisten und Putschisten wurde, ist wegen seiner kompromisslosen Schriften für viele Konservative und Traditionalisten zu einer vielschichtigen Legende geworden. Auch deswegen haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, dem schwer fassbaren Künstler ein kleines Denkmal zu setzen.

Genau heute vor 50 Jahren betrat Yukio Mishima im Hauptquartier der japanischen Streitkräfte einen Balkon, um zum Aufstand und zur Widereinsetzung des Kaisers aufzurufen. Von den Soldaten verlacht, begab sich Mishima zurück ins Zimmer des Kommandanten, um Seppuku, eine Art des traditionellen Selbstmordes, zu begehen. Genau hier endet der Comicroman, an dem wir beim HYDRA VERLAG gerade arbeiten. Er beginnt in der Nacht zu diesem schicksalhaften 25. November 1970 und zeigt, wie es zum legendären „Mishima-Vorfall“ kommen konnte.

Comicroman – Der letzte Samurai

Mit der „Graphic Novel“, wie es in vielen Buchhandlungen und auf Kulturseiten irgendwie entschuldigend heißt, zu Mishimas Leben, Werk und einzigartigem Tod gehen wir auf Spurensuche. Was bewegte einen Mann dazu, von einem der bekanntesten und erfolgreichsten Menschen seines Landes zum Milizionär und glühendenden Patrioten zu werden? Liest man seine Texte, dann war es die Verlorenheit der modernen Welt und der Verfall der Werte und der Schönheit.

Denn Mishimas Welt existierte nicht mehr. Er sehnte sich, wie auch unzählige Menschen heute, nach vergangenen Tagen. Zeiten, in denen Begriffe wie Ehre oder Tradition noch etwas bedeuteten. Zeiten, wie das alte Japan der Samurai oder die verklärte Zeit der jungen Männer, die als Kamikaze-Flieger ihr Leben gaben. Das Werk von Mishima ist so vielschichtig, dass die Umsetzung in das Medium Comic eine enorme Herausforderung darstellt. Dennoch ist es dem italienischen Zeichner Massimilano Longo gelungen, die Welt des Ästheten und Perfektionisten Mishima nach 50 Jahren wiederzubeleben.

Die Herausforderungen

Die Widersprüche in Mishimas Leben und Werk  einzufangen stellt auch die Mannschaft vom HYDRA VERLAG vor Herausforderungen. Wie lange haben wir über einen einzigen Kunstdruck diskutiert, der Mishimas Widersprüche in einem Bild zusammenfassen soll. Seine Besessenheit von Tradition, seine intensive Auseinandersetzungen mit der Geschichte seines Landes und die Widersprüche der Moderne.

Eine weitere Herausforderung ist die Übersetzung. Im Comicroman werden einige Passagen aus Mishimas Werken zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. Während die Kollegen in Italien auf eine breite Palette an Veröffentlichungen zurückgreifen konnten, werden wir an vielen Stellen Neuland betreten.

Der Band

Neben den circa 100 Comicseiten besteht der Band aus ausführlichen Begleittexten, die versuchen, das Werk von Mishima einzuordnen. Neben einem Historiker wird auch ein Musiker zu Wort kommen und sich mit Mishima „auf ein letztes Glas Sake“ treffen.

Wir hoffen, dass der Band im Frühjahr 2021 vorliegt, sofern uns die Corona-Krise oder die eigenen Ansprüche keinen Strich durch die Rechnung machen.

Es ist erfreulich, auf wieviel positive Resonanz das Projekt trifft. Jede Vorbestellung hilft uns dabei, die Produktions- und Druckkosten zu stemmen und einen guten Comic abzuliefern, der beweist, wie viel Potenzial in der Kunst- und Kulturszene abseits des Mainstreams steckt.